Wir verwenden Cookies zur Analyse, Werbung und zur Verbesserung unserer Website. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
>
Events
>
2018 - Harter Trip für die Ohren - The Trip Out, England

2018 - Harter Trip für die Ohren - The Trip Out, England

Großauftrag an die Gehörgänge: aus dem Helm heraus, durch den Autobahngegenwind, bitte genau die Geräusche überprüfen, die der frisch reformierte und kaum eingefahrene Shovelheadmotor so von sich gibt. Tja, da gibts einiges zu erlauschen für die zeitgleich noch vom Bluetooth-Stöpseln mit navigatorischen Details besmartphonten Fleischschalltrichter.

Vor allem, wenn man den Blick auf die Wegstrecke wirft: es geht zum Trip Out - ein herzerfrischender Ausflug, wenn man z.B. in London wohnt.

Eine eher monotone Mühsal,

wenn man aus der frühmorgendlichen Düsternis deutscher Mischwälder kommend, das eine oder andere Schwarzwild umkurvend, auf westwärts gewandten Autobahnen Kilometer spulen muss. 650 in etwa. Bis zur Fähre. Dort wohnt dem Ohr Schonung inne, weil sich in das tieffrequente Pulsen des Schiffsantriebs nur das sanfte Geknurpsel und Gegluckse des zweiten Frühstücks mischt.

Doof, dass Dover so schnell kommt und das Gedrömel wieder los geht.

Aber die Shovelhead schaufelt die Meilen

nur so weg, zwischendrin befüllt mit neuem Zündstoff, bis sich die Wege so in englische Landtraßen verästeln, dass man sich gradezu in einer kitschigen Werbefotografie zugunsten der Herren aus Milwaukee wähnt. Und dann ist es geschafft: Willkommen beim Trip Out.

Nicht zuletzt dank der jahrelangen Veranstaltungstreue des Shovelheadlenkers gibt es den begehrten Sticker, der die direkte Zufahrt zum Showgelände gestattet. Kurz das Zelt entploppt und dann wird geschlendert: sehr britische Starrrahmen-Panheads, Knuckles and Shovels, eine stattliche Phalanx an überarbeiteten Sportys, ähnlich viele japanische Basteleien. Und wenig zu tun für die Ohren.

Aber grade, als die sich zurücklehnen wollen,

kommen die Bands. Die amplifizierte Strommusik bringt den Ohrenträger ins große Zelt, an die Bar, ans Bier, an den Rand der Belastbarkeit: und während „Pink Cigar“ akustisch ihr Bestes geben, gibt der Alkohol dem von der Fahrt ausgezehrten Körper den Rest. So füllt bald der Schlaf das kleine Zelt zwischen der Shovel und einer Gruppe angejahrter Guzzis, füllen The Embrooks mit Maximalbeschallung die noch reichlich anwesenden wachen Ohren.

Am nächsten Ohrgen, pardon, Morgen zeigt sich der ganze Zauber des Trip Out, ein Trip in eine bessere Welt: Grinsende Fahrer auf vormillenialen Harleys mit Tröten, die an der Stratosphäre kratzen, Skaterkids versuchen über Chopper zu springen, vintage Vans rumpeln über das Airfieldgelände, an der Tee Bar stauen sich die Kaloriensammler und unter dem ungetrübten blauen Himmel zeigen die Maschinen ihre volle Pracht: geschmackvolle Umbauten, krasse Schraubereien, historisch korrekte Zubehörteile, alles vollgastauglich und sichtbar mit ordentlich Meilen auf dem Gummi.

Der sportliche Höhepunkt wird von Trip Out Commander Andy persönlich eingeläutet. Und schon turnen einige Herren hektisch auf ihren Kickerknüppeln herum. Wer hier seine Möhre mit Schenkelkraft zum Potatern bringt, zeigt nicht nur vollendete Körperbeherrschung sondern auch, dass seine Kiste technisch tiptop da steht. Diesen Triumph darf sich Luke aus Holland umhängen, seine Shovel quittiert die Fußtritte prompt.

Nun gilt es die Zeit bis zur nächsten akustischen Belastung in den vor Ort erhältlichen Getränken zu versenken. Das gelingt unkompliziert und der lauschige Abend füllt sich mit Geschlender zwischen den Verkaufsständen; mit Geplauder, zum Beispiel mit einer junge Dame, die die USA solo auf dem Moped durchquert hat, und mit Gediegenheit, in der Mr. Nefarious die Knucklehead von Andy bebuchstabt.

Ins Ticken der Uhr mischen sich dann schnell wieder die hochbeschleunigte Akkordakrobatik diverser Bands, die rhythmusgesteuerte Körperkontrolle der berühmten Meyer Dancers und das Schäumen der Biere und schließlich - die Ruhe der Nacht. Noch ein bisschen Schonung, vor dem Rückweg in die reale Welt, wo die Ohren wieder Höchstleistungen vollbringen müssen.

Das wird nächstes Jahr anders, da ist die Shovel ja eingefahren.