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Teil 4 - Irgendjemand muss es ja mal machen

Man kann es als Test betrachten. Als Test, was eine Harley alles mitmacht. Schlamm, Schotter, Stierkampfarena.... alles schon gehabt. Aber minus 35 grad und eine Straße aus reinem Eis? Jetzt ist es soweit. Wir haben uns zum örtlichen Flugplatz durchgefragt. James Gruben Airport. Da scheint uns viel Platz und wenig Betrieb zu sein. Und da stehen sie nun: die beiden Maschinen. Ein bisschen vorgewärmt im Truck - sofern man bei einer Truck-Innentemperatur von -10 Grad von „vorgewärmt“ sprechen kann. Also eher vorentkühlt. Die Batterien so frisch geladen wie im Truck möglich – also drauf, Zündung an, Druckpunkt und – nichts. Klar, standen ja lange. Also noch mal. Nichts. Und wieder. Nichts. Und....nichts. Irgendein Lebenszeichen? Nein. Naja, Kein Problem, einfach anschleppen. Sieht zwar bisschen albern aus, eine Harley am 10 Meter-Strick hinter einem MB Vario, aber wenn die Mühle anspringt... macht sie aber nicht. Auch hier: mehrfach versucht, mehrfach gescheitert. Hilft nichts: wir müssen die Mopeds wieder einpacken.

Der Plan: irgendwo im Warmen erstmal zum Laufen bringen. Und dann noch mal raus.

Nun stellt sich natürlich die Frage, wo sich hier irgendwas einigermaßen Warmes findet, um Mopeds zum Laufen zu bringen. Hm. Ach ja: Die Tankstelle unseres Vertrauens, die Esso Arctic Service Station in Inuvik. Die, das haben wir beim Tanken gesehen, haben eine Garage. Womöglich mit Heizung. Wir Fragen. Ja. Heizung ja - was hier oben natürlich relativ ist. Aber wir könnten rein, wenn uns die Snowmobile nicht störten. Nö, warum auch. Und tatsächlich: es gibt sogar genügend Platz, um beide Harleys reinzustellen. Allerdings - und soviel zur Relativität von Heizungen unter minus 30 Grad: der Boden ist eine höllische Mischung aus Öl und Eis, also eingeschlepptem geschmolzenem und wieder gefrorenem Schnee. So schliddern Paul und Peter, die beiden Auserwählten für den Eisritt zwischen die beiden Mopeds und beginnen die Wiederbelebung der beiden erfrorenen V-Twins.

Ach so, will's jemand genau wissen?

War ja zu befürchten. Also schnell noch ein Getränk des Vertrauens organisieren, dann fangen wir an. Mit der 48er Panhead: Peter diagnostiziert bei seiner Mühle ein blockiertes Getriebe und schwer- bis nichtgängige Bedienmechanik. Da hat sich wohl eine gewisse Restfeuchtigkeit aus Deutschland in der Mechanik ausgebreitet und die sonst übliche leicht verdauliche Emulsion entfiel wegen Kälte. Das Öl kältebedingt sowieso träge, dazu vereistes Wasser im System: Ende der Getriebetätigkeit. Gut, dass wir eine Gaslötlampe zur Hand haben. Eine Viertelstunde Feuer unterm Getriebe-Hintern ermöglicht erstmal einen Ölwechsel und eine Neubefüllung des Getriebes mit Motoröl 0 W 30. (Auf angebotenes Automatik-Getriebe-Öl wurde aus nicht weiter präzisierbaren Vorsichtsgründen verzichtet). Was soll man sagen: eine paar ordentliche Kicks später pratzelt die Panhead schon mal ganz vielversprechend vor sich in. Noch eine kleine Probefahrt ins Dorf und wieder zurück - alles klar.

Und die 2005er Shovel von Paul? Hier ist recht schnell der Vergaser als Versager entlarvt - aber der S&S Super-E konnte nichts dafür: auch hier war es die Kälte. Mit offenem Verbrennungsraum und beherzt eingesetztem Starterpilot sind die Kicks aber auch hier irgendwann von Erfolg gekrönt. Nun bleiben die beiden Maschinen einfach über Nacht in der kuschelig unkalten Garage und am nächsten Tag geht es expressartig wieder nach Tuktoyaktuk. So expressartig, dass die Laderampe für die Mopeds nach dem Einladen gleich mal an der Tankstelle liegen bleibt. Sei’s drum, zu fünft ist selbst eine Harley schnell vom Truck gehievt und auf der Straße. Und diesesmal: Jaaaa! Vollvolumig fräst sich der Sound der zwei Milwaukee-Eisen durch die tiefgefrorene Polarluft.